Gelandet, aber längst nicht angekommen: mit einer Familie aus Syrien auf dem Weg durch Italien in den Norden. Eine Reise zur gescheiterten EU-Asylpolitik
Der Weg, der vor ihnen liegt, ist weit. 1.600 Kilometer. Auf einem Kontinent, der ihnen fremd ist. Durch ein Land, das sie nicht kennen. Mit einer Sprache, die sie nicht verstehen. Wem vertrauen? Wie das Geld einteilen? Und wie sicherstellen, dass diese Reise nicht dort endet, wo sie anfing? In einem Auffanglager für Flüchtlinge. Bett an Bett, Schicksal an Schicksal, Verzweiflung, die sich bis in den Schlaf frisst.
Dies ist der Anfang einer Geschichte, die kein Ende kennt. Sie beginnt in Pozzallo, einem Städtchen ganz im Süden Siziliens. So oder so ähnlich trägt sie sich Tag für Tag aber auch in anderen Häfen Italiens zu.
Ibrahim will der Mann genannt werden, den wir auf einem einlaufenden Boot im Hafen erspähen. Er ist Syrer, graubärtig, groß, kräftig. Ganz vorne, am Bug des Bootes, das ihn gerettet hat, steht er und telefoniert schon, bevor das Schiff anlegt. Die Männer von der Küstenwache haben ihm und manch anderen der 237 Menschen, die sie auf hoher See bargen, orange Schwimmwesten angelegt. Ibrahim ist 52 und keiner, der sich dem Schicksal hingibt, dachten wir. Der abwartet und sich ausliefert. Nein, Ibrahim ist einer mit einem Plan, mit Verantwortung, nicht nur für sich, sondern für eine ganze Familie. Sie sind dem Krieg entkommen, haben 13 Tage auf einem Kahn verbracht, mit ihm das Mittelmeer überquert, in dem seit Jahresbeginn schon 1.800 Menschen ertranken. Dieser Mann weiß, dass die Ankunft in Pozzallo nicht das Ende seiner Reise darstellt, sondern erst deren Anfang.
Männer in weißen Schutzanzügen und mit Atemmasken betreten das Boot. Sie sehen aus, als kämen sie aus dem Fallout von Fukushima, dabei sind es Ärzte, die die Flüchtlinge zu untersuchen haben. Langsam gehen die ersten von Bord. Kein Winken, kein Lachen, nur Erschöpfung in ihren Gesichtern. Und bei dem ein oder anderen wohl auch ein wenig Angst. Es dauert nicht lange, und bei drei Burschen klicken die Handschellen. „Das waren der Kapitän, der Maschinist, der Schiffsjunge”, verrät ein Glatzkopf im weit geöffneten Leinenhemd und mit Ray-Ban-Brille. Dottore Dino nennen ihn seine Männer, es ist der Einsatzleiter. „Alles kleine Fische”, sagt er salopp. „Meist sind es Ägypter oder Tunesier. Sie bilden die Crew auf den Flüchtlingsbooten und kriegen 200, 300 Euro am Tag. Für ihre Chefs, die mit nur einer Überfahrt bis zu einer Million verdienen, sind sie Menschenfutter. Für uns der Erfolgsnachweis.”
Klingt abgeklärt und ist es auch. Dottore Dino, die Carabinieri, die Ärzte, die freiwilligen Helfer. Sie alle sind Tag für Tag in Siziliens Häfen, sofern das Wetter schön und der Wind nicht zu stark ist. Denn dann kommen die Boote. Meist sind es jene der Küstenwache, die das SOS der Flüchtlinge auf hoher See empfangen und zu deren Rettung aufbrechen. 46.000 Menschen landeten so seit Jahresbeginn allein in Italien.
Nimmt man die Zahl der Ankommenden in Griechenland hinzu und bedenkt, dass der Sommer erst beginnt, wird klar, weshalb Experten die größte Fluchtwelle seit Ende des Zweiten Weltkriegs auf Europa zukommen sehen. Heuer, so nehmen sie an, könnten mehr als eine Million Menschen Asyl in der EU beantragen. Das wären vier Mal so viele wie noch vor wenigen Jahren. Und kein Indiz spricht für ein Abflauen. Ganz im Gegenteil: Die arabische Welt, wie wir sie kannten, zerbricht. Staaten wie Syrien, der Irak oder der Jemen versinken im Krieg, andere, wie Libyen, haben nicht einmal mehr eine Regierung mit Autorität und sind zu rechtsfreien Räumen geworden, in denen kriminelle Schleppernetzwerke ungehindert walten und Boote jederzeit ablegen können. Auf den Schiffen selbst befinden sich Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen genauso wie solche, die einfach ein besseres Leben wollen – und bereit sind, dafür ihr eigenes zu riskieren.
Dinos Leute durchsuchen jeden der Geretteten, bevor sie ein Bus ins Auffanglager bringt. Die meisten stammen aus Eritrea, Ghana, dem Sudan und Syrien. Rucksäcke werden geöffnet, Handys, ein zweites Paar Schuhe, eine Jeans, ein paar T-Shirts kommen zum Vorschein.
„We are from Syria”, ist der einzige Satz, den uns Ibrahim zurufen kann, bevor er und die ihm Anvertrauten im Bus verschwinden. „Wir fotografieren und registrieren sie alle”, erklärt Dottore Dino derweil bereitwillig. Und was ist mit den Fingerabdrücken? Mit der Dublin-Verordnung? Diese sieht vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag in jenem EU-Land zu stellen haben, das sie als erstes erreichen. Die Fingerabdrücke wandern in eine Datenbank. Wer darin erfasst ist, kann in keinem anderen EU-Staat mehr Asyl beantragen. „Ach, Dublin“, sagt Dino und macht eine verächtliche Handbewegung. „Wir können niemanden zwingen. Wir retten jede Woche Tausende. Die meisten wollen nicht in Italien bleiben, sondern rauf in den Norden.” Nun nimmt er seine Brille ab und grinst. „Und wie heißt es so schön? Reisende soll man nicht aufhalten.”
Ein Satz, der zynisch klingt, aber das Dilemma europäischer Asylpolitik auf den Punkt bringt. Die Flüchtlinge werden weitergereicht wie heiße Kartoffeln. Die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland fühlen sich vom Rest Europas im Stich gelassen. Sie fordern Solidarität und eine gerechtere Verteilung der Ankommenden.
Da diese ausbleibt, lassen sie den Flüchtlingstreck gen Norden passieren. In Folge steigen dort die Asylansuchen sprunghaft an, und plötzlich könnten sich auch Staaten wie Österreich oder Deutschland mit den von der EU vorgeschlagenen Verteilungsquoten anfreunden. Diese sehen vor, dass jeder EU-Staat auf Basis seiner Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung einen fix vorgegebenen Prozentanteil von Asylwerbern aufnimmt.
Hätte es die Quote 2014 bereits gegeben, wäre sie von fünf Staaten, darunter auch Österreich, übererfüllt worden (siehe Grafik). Alle anderen müssten hingegen mehr aufnehmen – und genau diese Länder, allen voran die Osteuropäer, blockieren daher die Einführung der Quote.
Drei Tage später, vor dem Bahnhof von Catania, der zweitgrößten Stadt Siziliens. Die Piazza Giovanni XXIII bietet wenig Päpstliches, dafür einen Kreisverkehr, in dem jeder Fahrer um Millimeter kämpft und das Recht des Stärkeren gilt. Im Park gleich nebenan ist es ähnlich. Er ist voll von Gestrandeten, die das Schicksal hier angespült hat. Junge, arbeitslose Sizilianer versuchen als Parkplatzeinweiser ein paar Euro zu verdienen. Flüchtlinge aus Afrika, die kein Geld für die Weiterfahrt haben, ertränken ihren Frust in Alkohol. Vor dem Brunnen von Seegott Neptun, der ein barbusiges Mädchen festhält, kauert eine Gruppe im Gras. Und tatsächlich: Ibrahim, der Mann mit dem Plan, ist dabei. Erstmals können wir mit ihm sprechen. Er erzählt, er sei Lehrer in Syrien gewesen und aus Homs, der drittgrößten Stadt des Landes, geflohen, nachdem Assad daraus ein zweites Stalingrad gemacht hatte. „Erst nach Ägypten, und als dorthin immer mehr Syrer flüchteten und die Stimmung uns gegenüber ständig feindseliger wurde, war es Zeit für Europa.” Zwölf Menschen umfasst Ibrahims Gruppe, darunter Alima, seine Nichte, die einzige Frau. Sie hat zwei Buben, zwei und vier Jahre alt. Nach einiger Zeit holt ihr Ehemann sein Handy hervor. Zeigt die Bilder eines rostigen Kahns, darauf er und seine Familie. Dann löscht er die Fotos, damit keine Beweise bestehen, dass sie je in Italien an Land gingen.
„Wir haben gebetet und geweint, gehofft und geflucht”, sagt Ibrahim. 2.500 Euro hat jeder von ihnen an den Schlepper in Ägypten bezahlt. „Ein verdammter Gauner! Er warb auf Facebook mit Bildern von Kreuzfahrtschiffen. Wir glaubten ihm. In Wirklichkeit steckte er uns auf einen Kahn, mit dem wir fast ertrunken wären.” Ibrahim zögert, wirkt so, als ob er uns etwas anvertrauen möchte, das er bisher verschwiegen hat. Doch dann sagt er nur: „Warum lasst ihr das in Europa zu? Warum zwingt ihr uns auf solche Schiffe?” Er meint es nicht als Vorwurf. Es ist einfach eine Frage.
Mit einem anderen Versprechen sollte der ägyptische Schlepper hingegen recht behalten. „Sicily, no problem”, habe er ihnen gesagt, und so kam es auch: Zwei Nächte verbrachte die Gruppe im Auffanglager von Pozzallo. Dann traf dort das nächste Boot ein, der Platz wurde für die Neuankommenden gebraucht und sie ins Landesinnere nach Mineo, das größte Lager Siziliens, gebracht. Und dort: finito. „Keine Fingerabdrücke, nichts”, sagt Ibrahim, „wir konnten einfach beim Tor rausmarschieren, ein Taxi nehmen und hierherfahren.”
Wie soll es nun weitergehen? Wie sieht der Plan der Gruppe aus? „Nach Deutschland oder Holland”, antwortet Ibrahim in der Sekunde. „In Holland lebt ein Cousin, der sagt, dort sei es gut. Und Deutschland, das ist Mercedes, das muss auch gut sein.”
Er spricht als einziger Englisch. Die anderen vertrauen auf ein Buch, das „English in five days“ verspricht. Darin finden sich Phrasen, auf die sie deuten und die sie auszusprechen versuchen. Alle Entscheidungen, die weitere Reise betreffend, hat Ibrahim allein zu fällen. Er holt zwei dicke Umschläge hervor. Auf einem steht „Roma”, auf dem anderen „Milano”. Darin sind Bustickets für die gesamte Gruppe. Der Bus sei besser und billiger als die Bahn, das habe er auf den arabischen Facebook-Gruppen gelesen.
Denn so fremd Europa in diesen Tagen auf die Gruppe auch wirken mag, so groß ist der Erfahrungsschatz anderer Araber, die den Weg nach Norden bereits bewältigt haben. Die Schlepper stellen auch Tabellen auf Facebook, die zeigen, welches Land das beste Sozialsystem habe, wo Flüchtlinge am meisten Geld bekämen und leicht Arbeit fänden. „Schweden ist gut”, weiß Ibrahim, „Deutschland und Österreich auch.”

EU-Flüchtlingsquoten: Die EU regt an, Flüchtlinge nach Quoten aufzuteilen. Demnach hätte 2014 etwa Österreich 10.969 Asylanträge zu viel bearbeitet. Spanien hätte hingegen 45.705 Asylwerber mehr erhalten
Was folgt, ist eine Fahrt durch die süditalienische Nacht. Noch vor Sonnenuntergang verlässt ein Doppeldeckerbus Catania. Der Steward gleicht mit seinem blütenweißen Hemd und dem gestärkten Kragen einem Offizier auf hoher See. Er verweist die Araber und Schwarzen beim Einsteigen ins Obergeschoß des Busses. Die wenigen europäisch anmutenden Passagiere bittet er, unten Platz zu nehmen, wo er ihnen bald Drinks serviert: Apartheid à la Italia. Dazu passend läuft im Bus ein Klamaukfilm, in dem lustige Italiener eine Schule im afrikanischen Dschungel eröffnen.
Elf Stunden später tauchen im Morgengrauen Roms erste Vororte auf. Die, die gerade munter wurden, diskutieren schon angeregt, ob über ihnen wohl auch „Terroristen von Isis” sitzen. „Im Fernsehen haben sie gezeigt, dass Rom deren erstes Ziel in Europa wird”, sagt eine ältere Dame besorgt, „und dass die Terroristen sich daher unter die Flüchtlinge auf den Booten mischen.”
Ibrahim kann später gar nicht glauben, dass jemand so etwas denken kann. „Genau davor sind wir doch geflohen: vor den Verrückten, ganz gleich, ob sie zu den Islamisten oder zu Assad gehören. Würden wir kämpfen und töten wollen, wären wir geblieben.”
Er wirkt aufgebracht und müde zugleich. Im Bus hat er kaum Schlaf gefunden, nun fuchtelt er mit dem Handy herum und versucht, den Fragen der anderen auszuweichen, die wissen wollen, wie es nach Mailand weitergeht. Mit wem telefonierte er eigentlich damals in Pozzallo, noch auf dem Boot? „Mit meiner Frau”, antwortet er, „sie sollte wissen, dass ich lebe.” Plötzlich füllen sich seine Augen mit Tränen. „Sie macht mir Vorwürfe, sagt, ich sei schuld. Unser Sohn, Yusuf, er sollte hier mit mir sein.” Ibrahim, der Starke, der Mann mit dem Plan, wendet sich ab, will nicht, dass die anderen ihn weinen sehen. Etwas abseits erzählt er, was schiefgelaufen ist. „Ich war Lehrer, das wisst ihr ja schon. Aber da verdienst du in Syrien nur 150 Euro im Monat. Lange, bevor der Krieg begann, fing ich also an, parallel eine Taxifirma aufzubauen. Ich hatte bald drei Mercedes, verdiente gut, machte auch schon mal 3.000 Euro im Monat. Meine Frau und ich, wir haben drei Kinder: Yusuf, er ist 21, und zwei kleine Mädchen. An den Wochenenden fuhren wir rüber in den Libanon, nach Beirut ans Meer. Uns fehlte es an nichts. Bis der Krieg begann, Assad die jungen Männer in die Armee einzog, die Rebellen unsere Stadt eroberten und die Regierung sie aus der Luft bombardierte. Ich verlor alles.”
Das Haus zerschossen, die Autos zerstört, brachte er seine Familie außer Landes in Sicherheit und kehrte noch einmal zurück. „Ich verkaufte, was sich noch zu Geld machen ließ, aber kam aus der Stadt nicht mehr raus. Alles war belagert.” Er versuchte es über das Kanalnetz, stieg hinab in der Untergrund, schlief inmitten von Fäkalien und schaffte es so nach Tagen, aus der Stadt zu entkommen. Zwei Jahre vergingen, die Zuflucht Ägypten erwies sich als Sackgasse, in der Heimat Syrien hörten sie bei 180.000 auf, die Toten zu zählen. „Da fiel der Entschluss: Wir Männer versuchen, nach Europa zu gelangen. Mein Sohn sollte mitkommen. Und auch Alima, meine Nichte, mit den zwei kleinen Buben. Sie sind geistig behindert, wir hätten sie nicht zurücklassen können.” Aber Ibrahims Frau und die Töchter sollten in Ägypten bleiben und warten, dass er sie nachholt. „Drei Mal riefen uns die Schlepper in der Nacht. Fuhren an den Strand, trieben uns zu den Schiffen.” Doch jedes Mal folgte der Abbruch. „Bis es klappte. Ich rannte vorne, erreichte das Boot. Plötzlich fielen Schüsse. Armee oder Küstenwache. Das Schiff legte mit denen, die es geschafft hatten, ab. Yusuf blieb zurück.” Er wurde verhaftet, landete in einem der berüchtigten Gefängnisse. Seither zuckt Ibrahim jedes Mal zusammen, wenn sein Handy läutet und er sieht, dass es seine Frau ist.
Der Tag verstreicht, die Gruppe streunt auf Roms Busbahnhof Tiburtina hin und her. Nur Ibrahim fragt einmal, wie weit wohl „die alte Stadt” weg wäre. Die anderen haben vom Kolosseum oder dem Vatikan noch nie in ihrem Leben gehört. Tags darauf, nach einer weiteren Nacht im Bus, wirkt Mailand auf sie noch fremder. Alles sei hier so sauber und aufgeräumt, sagen sie und erstarren, als unten in der U-Bahn Polizisten auftauchen. Doch die drehen sich nicht einmal um nach der Gruppe. 55.000 Flüchtlinge haben Mailand im vergangenen Jahr passiert, nur 124 von ihnen beantragten Asyl.
Der Bahnhof Centrale ist der Hotspot derer, die Hoffnung verkaufen, und jener, die sie längst verloren haben. In den Katakomben des Mussolini-Baus lauern die Schlepper, meist dandyartige Burschen aus dem Maghreb mit viel Gel in den Haaren. Sie sind das letzte Glied eines Milliardengeschäftes. Lässig lehnen sie in der Ecke, beobachten die Neuankommenden, offerieren ihre Dienste. Ibrahim zieht seine Erkundungsrunden, spricht da und dort mit einem der Männer und kehrt verwirrt zurück. „Kann ich von hier einfach nach Amsterdam fliegen?”, fragt er. „Einer hat mir ein Ticket für 700 Euro angeboten.” Ein anderer hat versucht, ihm den Weg über den Brenner schmackhaft zu machen. „Österreich kontrolliert kaum, hat er versprochen, und wenn doch, beantragen wir dort Asyl.” Die billigste Variante aber führe hinunter nach Turin und von dort weiter nach Frankreich. „Die Grenze sei offen. Wir könnten einen Zug nach Paris nehmen und von dort bis Amsterdam.”
Die Gruppe beratschlagt sich. Ist ausgelaugt, unschlüssig, übermüdet und ohne jede Vorstellung, wie es nach einer Ankunft in welchem Land auch immer weitergehen soll. Aus einem parkenden Auto dröhnt das Radio, sie spielen Eros Ramazzotti: „una terra promessa”, ein gelobtes Land.
Das Lied wird übertönt vom Streit, der jetzt ausbricht. Die Jüngeren wollen es über den Brenner probieren, ob sie letztlich in Österreich oder Deutschland landen, ist ihnen egal. Ibrahim, Alima, ihr Mann und die anderen glauben, es sei besser, erst einmal abzuwarten. Ibrahims Bruder, der Arzt in Saudi-Arabien ist, hat versprochen, noch mehr Geld zu überweisen. Dann erst, so glauben sie, macht es Sinn, den Weg über Frankreich zu wagen.
Tage später sind beide Gruppe am Ziel. Die Jungen haben, ohne kontrolliert zu werden, per Bahn den Brenner überquert und sind in Deutschland angekommen. Ibrahim und die anderen sitzen im Zug von Paris nach Brüssel. Mit jedem Kilometer, den sie zurücklegen, erscheint ihnen Europa fremder und kälter, sagt Ibrahim. Aber das sei egal, sie sind am Leben.
Erschienen in NEWS 23/2015